Spediteure auf Nachwuchssuche: Lkw-Fahrer dringend erforderlich
Die Zahl der offenen Berufskraftfahrer-Stellen in der Bundesrepublik ist in den vergangenen fünf Jahren um 44 Prozent gestiegen. Zusätzlich verschärft sich die Situation für Spediteure aufgrund der Tatsache, dass in den kommenden 15 Jahren zwei Drittel der Lkw-Fahrer in Rente gehen. Besonders für Kurzstrecken sucht die Branche dringend Nachwuchs.
Beruf Lkw-Fahrer im demografischen Wandel
Laut Bundesagentur für Arbeit gab es im Juni 2016 knapp 16.000 offene Berufskraftfahrer-Stellen. Damit stieg die Anzahl in den vergangenen fünf Jahren um 44 Prozent. Das fatale an der Situation: Im gleichen Zeitraum sank die Zahl an Arbeitssuchenden um circa 30 Prozent. Hauptgeschäftsführer Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) Dirk Engelhardt fasst den demografischen Prozess zusammen: “Immer weniger junge Leute wollen Kraftfahrer werden und die jetzigen gehen nach und nach in Rente.”
Eine Berechnung des Experten für Straßengüterverkehr beim Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) Markus Olligschläger verdeutlicht den Fachkräftemangel: Demnach waren von den 1,5 Millionen Personen in Deutschland, die über eine Fahrerkarte zur Lenk- und Ruhezeiten-Kontrolle verfügten, mehr als eine Million älter als 45 Jahre. Da die Fahrer durchschnittlich mit 60 Jahren in Rente gehen, verabschieden sich in den kommenden 15 Jahren zwei von drei Fahrern in den wohl verdienten Ruhestand.
Für junge Menschen hat der Beruf Kraftfahrer massiv an Attraktivität verloren. Ein Studium oder eine Ausbildung mit höherer Qualifikation sei für sie interessanter. Engelhardt fügt hinzu, dass das Ende der Wehrpflicht ebenfalls einen Beitrag zum Fachkräftemangel leiste. Früher hätten jährlich rund 15.000 Männer bei der Bundeswehr ihren Lkw-Führerschein gemacht. Das hätte viele Kraftfahrer hervorgebracht. Die Bezahlung sei laut Engelhardt ein weiteres Problem. Der Preisdruck, der mit der Liberalisierung des Transportgeschäfts sowie der EU-Osterweiterung 2004 einhergeht, würde Unternehmen in Bedrängnis bringen. Viele Betriebe würden gerne mehr bezahlen, können dies aufgrund der günstigen Dienstleister aus Osteuropa aber nicht.
Auch die Arbeitszeiten stellen eine Hürde dar. Im mittelständischen Catering-Betrieb Bärlifood Business Catering in Berlin sind beispielsweise nur acht Fahrer angestellt, während zehn Transporter zur Verfügung stehen. Auf eine Stellenausschreibung meldeten sich fünf Bewerber, von denen vier wieder absagten, weil ihnen der Arbeitstag mit 6 Uhr morgens zu früh beginnt. Um sein Essen dennoch an die Kundschaft ausliefern zu können, beauftragt Geschäftsführer Huseyin Bozkurt externe Kurierdienste oder selbstständige Fahrer.
Mehr Fahrer aus dem Ausland
Die Zahl der Berufskraftfahrer ist in Deutschland nicht gesunken. Wie Zahlen des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) zeigen, sind es sogar mehr. Allerdings kommen die aus dem Ausland. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es 1,6 Prozent mehr sozialversicherungspflichtige Berufskraftfahrer. Der BAG zur Sachlage: “Rückgänge deutscher Beschäftigter wurden 2015 wiederholt durch Zugänge ausländischer Beschäftigter überkompensiert.“
Geschäftsführer Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg Gerd Bretschneider: “Der grenzüberschreitende Verkehr ist fest in der Hand von osteuropäischen Fahrern.“ In großen Betrieben sei es üblich Fahrer aus Osteuropa anzuwerben oder auf Subunternehmen von dort zu setzen. Der regionale Verkehr sei stattdessen auf lokal verfügbare Fahrer angewiesen. Dies spiegelt sich in einer Dekra-Studie wieder. Demnach steht in knapp 60 Prozent der Stellenanzeigen die Ausschreibung von Fahrerstellen im Nahverkehr im Fokus. Im grenzüberschreitenden Verkehr sei der Bedarf gering. Bretschneider bestätigt, dass jede Woche mindestens ein Betrieb in Sachen Fachkräftemangel um Rat frage. Er ist überzeugt, dass die Unternehmen mit mehr Personal bis zu vier Fahrzeug zusätzlich einsetzen könnten.
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